Berücksichtigung von Gesamtschuld und Unterhaltsrückstand im Zugewinn

13Jan11

Ist im Rahmen des Zugewinnausgleichs eine Gesamtschuld der Ehegatten zu berücksichtigen, für die sie im Innenverhältnis anteilig haften, so kommt es für die Ermittlung des jeweiligen Endvermögens darauf an, ob die Ausgleichsforderung nach § 426 BGB realisierbar ist. Das ist auch dann der Fall, wenn ein Ehegatte erst aufgrund des Zugewinnausgleichs im Stande ist, die interne Ausgleichsforderung zu erfüllen. Ein am Bewertungsstichtag bestehender Unterhaltsrückstand ist als Passivposten im Endvermögen des Unterhaltsschuldners anzusetzen.

BGH, Urteil vom 6. Oktober 2010 – XII ZR 10/09 

Der Senat bestätigt zunächst, dass die güterrechtlichen Vorschriften über den Zugewinnausgleich den Gesamtschuldnerausgleich nicht verdrängen, und zwar unabhängig davon, ob die Leistung eines gesamtschuldnerisch haftenden Ehegatten vor oder nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens erbracht worden ist. Denn bei richtiger Handhabung der güterrechtlichen Vorschriften vermag der Gesamtschuldnerausgleich das Ergebnis des Zugewinnausgleichs nicht zu verfälschen. Die Tilgung der Gesamtschuld durch einen der haftenden Ehegatten bewirkt im Regelfall keine Veränderung der für die Ermittlung des Zugewinn maßgeblichen Endvermögens, wenn die Gesamtschuld wirtschaftlich zutreffend, d.h. unter Beachtung des gesamtschuldnerischen Ausgleichs in die Vermögensbilanz eingestellt wird.

Soweit bei der Zustellung des Scheidungsantrags als Stichtag für die Berechnung des Endvermögens gemeinsame Verbindlichkeiten der Ehegatten noch nicht getilgt sind, ist im Endvermögen beider Ehegatten jeweils die noch bestehende Gesamtschuld in voller Höhe als Passivposten zu berücksichtigen. Demgegenüber ist – die Durchsetzbarkeit vorausgesetzt – der jeweilige Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten, der die Befriedigung des Gläubigers nicht voraussetzt, als Aktivposten anzusetzen. Im Ergebnis hat das regelmäßig zur Folge, dass Ehegatten, die als Gesamtschuldner haften, die gemeinsamen Verbindlichkeiten bei ihrem Endvermögen jeweils nur mit der Quote ansetzen können, die im Innenverhältnis auf sie entfällt.

Vorrangig ist deshalb zu prüfen, in welchem Verhältnis die Parteien die Darlehensschulden im Innenverhältnis tragen. Eine abweichende Bestimmung gemäß § 426 BGB kann sich aus Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben.

Die Miteigentumsgemeinschaft wurde im vorliegenden Fall durch die eheliche Lebensgemeinschaft der Parteien überlagert. Daraus können sich für im Verhältnis als Miteigentümer gesamtschuldnerisch aufgenommene Kredite Abweichungen gegenüber den Regeln der Bruchteilsgemeinschaft ergeben. Für die Zeit bis zum Scheitern der Ehe kann es nahe liegen, die alleinige Haftung des Beklagten für die Darlehensschulden aus der konkreten Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse zu folgern.

Mit dem Scheitern der Ehe haben sich die für die jeweiligen Leistungen maßgeblichen Umstände geändert. Der Grund für die frühere Handhabung ist damit entfallen. Es müssen deshalb andere Umstände aufgezeigt werden, um eine anteilige Haftung desjenigen Ehegatten, der die Zahlung nicht erbracht hat, für die – hier allein maßgeblich – Zeit nach Erhebung der Scheidungsklage auszuschließen.

Denkbar wäre etwa, eine anderweitige Bestimmung anzunehmen, wenn die alleinige Schuldentilgung durch einen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bei der Berechnung des dem anderen geschuldeten Unterhalts berücksichtigt wurde. Denn dies kann zu einer dem hälftigen Schuldenabtrag nahezu entsprechenden Reduzierung des Unterhalts und damit wirtschaftlich zu einer unmittelbaren Beteiligung des Unterhaltsberechtigten am Schuldenabtrag führen. Eine anderweitige Bestimmung im Einzelfall kann auch dann angenommen werden, wenn die tatsächliche Handhabung, nämlich die weitere Nutzung der Immobilie durch eine Partei, die während dieser Zeit auch die Lasten getragen hat, auf eine (stillschweigende) Vereinbarung des Inhalts schließen lässt, dass es damit hinsichtlich des internen Ausgleich sein Bewenden haben soll, weil Nutzungen und Leistungen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

Dass ein Gesamtschuldner zum internen Ausgleich finanziell nicht in der Lage ist, stellt keinen ausreichenden Grund dar, ihn aus der Mithaftung im Innenverhältnis freizustellen. Im vorliegenden Fall war die Klägerin zum Stichtag des Endvermögens aufgrund ihrer Überschuldung nicht in Lage, die interne Ausgleichsforderung des Beklagten zu begleichen. Diese Forderung ist gleichwohl nicht wertlos, weil die Klägerin unter Berücksichtigung der Zugewinnausgleichsforderung imstande sein wird, den internen Ausgleichsanspruch zu erfüllen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des den internen Ausgleich schuldenden Ehegatten kann sich auch aus einem Anspruch auf Zugewinnausgleich ergeben.

Bereits entstandene Verbindlichkeiten mindern grundsätzlich das Endvermögen. Dies gilt auch für rückständigen Unterhalt, der dem anderen Ehegatten geschuldet wird und zwar unabhängig davon, ob sich die Unterhaltsforderung im Endvermögen des Unterhaltsgläubigers auswirkt.



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