Ausgleich ehebedingter Nachteile durch Versorgungsausgleich
BGH, Urteil vom 04.08.2010 – XII ZR 7/09
Wenn die vom Unterhaltsberechtigten auf Grund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei seiner Altersvorsorge durch den Versorgungsausgleich vollständig ausgeglichen wird, sind seine Interessen regelmäßig ausreichend gewahrt.
Die geschiedenen Eheleute streiten um nachehelichen Altersunterhalt. Für den bei Eheschließung 58jährigen Ehemann war es die zweite, für die 54jährige Ehefrau die dritte Ehe. Die Parteien vereinbarten den Güterstand der Gütertrennung. Der Ehemann war von Beginn der Ehe an Rentner. Die Ehefrau war während der Ehe nicht berufstätig und bezog später Altersrente. Durch den Versorgungsausgleich erhielt die Ehefrau nach 12jähriger Ehe lediglich Rentenanwartschaften von 43,20 € übertragen.
Der BGH führt zunächst aus, dass auch die Befristung des Altersunterhalts auch ohne ehebedingte Nachteile nicht der gesetzliche Regelfall ist. Das Gesetz stellt für die Beurteilung der Unbilligkeit einer weitergehenden Unterhaltspflicht in § 1578 Abs. 1 BGB mit der Ehedauer und der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit sowie der Kindererziehung Kriterien zur Verfügung, die für die generelle Bemessung der nachehelichen Solidarität heranzuziehen sind.
Im zu entscheidenden Fall ist der BGH davon ausgegangen, dass bei der Ehefrau durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Insoweit genügte, dass die Frau während der Ehe auf eine Erwerbstätigkeit verzichtete und infolgedessen keine Beiträge für ihre Altersvorsorge geleistet wurden.
In der Regel werden allerdings die aus der ehebedingten Erwerbsunterbrechung resultierenden Nachteile in der Altersvorsorge eines Ehegatten durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Danach können ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt.
Im vorliegenden Fall bestand jedoch die Besonderheit, dass der Ehemann nur für einen geringen Teil der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat. Damit ist durch den Versorgungsausgleich die von der Ehefrau aufgrund der ehelichen Rollenverteilung erlittene Einbuße bei ihrer Altersvorsorge nicht vollständig, sondern nur zu einem geringen Teil ausgeglichen worden.
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, besteht in dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Eine Ausschöpfung des Spielraums bis zum angemessenen Lebensbedarf ist jedoch nicht zwingend, sondern unterliegt ebenso der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls wie eine im Einzelfall etwa hinzukommende Befristung.
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Schlagwörter: BGH, Familienrecht, Haushaltsführung, Unterhalt, Versorgungsausgleich