Zum Umfang des Beurkundungserforder- nisses bei Anfechtung eines Erbvertrags
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Juli 2013 – IV ZR 224/12
Der Erblasser schloss im Jahr 2002 mit seiner ersten Ehefrau einen notariellen Erbvertrag, in dem die von ihm errichtete Stiftung als Alleinerbin eingesetzt wurde. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau heiratete er abermals und bestimmte seine 2. Ehefrau mit handschriftlicher letztwilliger Verfügung zu seiner Alleinerbin. Mit notarieller Urkunde erklärte er die Anfechtung des Erbvertrages und bat den Notar um Übermittlung einer Ausfertigung an das zuständige Nachlassgericht, wobei folgender Zusatz eingefügt war: „Dies soll allerdings erst erfolgen, wenn ihm der Erschienene oder ein hierzu Bevollmächtigter diesbezüglich gesondert schriftlich Mitteilung macht.“
Später bat der vom Erblasser eingesetzte Generalbevollmächtigte den Notar, namens des Erblassers, die Anfechtungserklärung beim Nachlassgericht einzu- reichen. Die mit Erbvertrag zur Alleinerbin bestimmte Stiftung ist der Ansicht, die Anfechtungserklärung sei unwirksam. Auch die Anweisung an den Notar, die Anfechtungserklärung dem Nachlassgericht zu übermitteln (Begebung der Anfecht- ungserklärung), unterliege dem Beurkundungserfordernis nach § 2282 Abs. 3 BGB.
Das Landgericht hat der Klage der 2. Ehefrau auf Feststellung, dass sie aufgrund letztwilliger Verfügung und Anfechtung des Erbvertrages Alleinerbin des Erblassers geworden sei, stattgegeben; das Oberlandesgericht hat die Berufung der Stiftung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt diese weiterhin Abweisung der Klage. Mit vorliegendem Urteil hat der Bundesgerichtshof die Revision zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt:
Der Erblasser hat die Anfechtung des Erbvertrags mit notarieller Urkunde wirksam erklärt. Die Anweisung an den Notar, die Anfechtungserklärung dem Nachlassgericht zu übermitteln, musste nicht gesondert notariell beurkundet werden. Nur die Erklä- rung der Anfechtung bedarf nach dem Wortlaut des § 2282 Abs. 3 BGB, dessen Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik der notariellen Beurkundung, nicht hingegen deren Begebung. Die Beweisregel des § 416 ZPO, nach der eine vom Aussteller unterschriebene Privaturkunde vollen Beweis dafür begründet, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen von dem Aussteller abgegeben worden sind, erstreckt sich auf die Begebung einer schriftlichen Willenserklärung auch dann, wenn deren Übermittlung noch von einer gesonderten Weisung des Erklärenden abhängen soll.
Mitteilung Nr. 119/2013 der Pressestelle des Bundesgerichtshofs vom 10.07.2013
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