BGH stärkt erneut Rechte nichtehelicher Väter
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hin hat der BGH am 16. Juni 2010 per Beschluss (Az. XII ZB 35/10) den Beschluss des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Juni 2009 aufgehoben und entschieden, dass der Vater eines nichtehelichen Kindes das Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen kann, wenn dieses der allein sorgeberechtigten Mutter entzogen wurde .
Die Beteiligten des Verfahrens waren die nicht verheirateten Eltern des 2006 geborenen Kindes. Sie hatten nur eine kurzzeitige Beziehung. Die Mutter, die drei weitere Kinder hat, verheimlichte ihre Schwangerschaft. Nach der Geburt setzte sie das Kind aus. Nachdem es aufgefunden wurde, gab das Jugendamt es in eine Pflegefamilie. Mutter und Vater des Kindes wurden erst später ermittelt. Die Mutter wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der Mutter, die von Gesetzes wegen alleinige Inhaberin des Sorgerechts war, hat das Kind zur Adoption freigegeben. Später hat das Gericht ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und dem Jugendamt als Pfleger übertragen.
Zwischen Vater und Kind fanden begleitete Umgangskontakte statt. Der Vater beantragte, ihm das Sorgerecht zu übertragen. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Vaters als unzulässig verworfen, da mangels elterlicher Sorge ein Eingriff in ein bestehendes subjektives Recht und damit die Beschwerdeberechtigung fehle. Dagegen hat der Vater erfolgreich Rechtsbeschwerde eingelegt. Der BGH führt u.a. wörtlich aus:
Im Fall des Sorgerechtsentzugs hat das Familiengericht nach § 1680 Abs. 3, Abs. 2 Satz 2 BGB die elterliche Sorge dem Vater zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Diese Regelung begründet ein subjektives Recht des Vaters, aus dem sich auch dessen Beschwerdeberechtigung ergibt (vgl. auch Senatsbeschluss vom 26. September 2007 – XII ZB 229/06 – FamRZ 2007, 1969).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Durch den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist die Mutter insoweit nicht mehr Inhaberin der Personensorge. Es steht demnach zwar keine vollständige Sorgerechtsentziehung in Rede, sondern nur die Entziehung einer einzelnen Befugnis. Der hinter der ersatzweisen Übertragung des Sorgerechts nach § 1680 Abs. 3, Abs. 2 Satz 2 BGB stehende gesetzgeberische Gedanke gebietet aber auch eine Anwendung auf die Entziehung von Teilbefugnissen (zutreffend OLG Nürnberg Beschluss vom 30. Dezember 2009 – 7 UF 1050/09 – juris; Staudinger/Coester BGB [2009] § 1680 Rdn. 16 m.w.N.; MünchKomm/Finger 5. Aufl. § 1680 Rdn. 17; Palandt/Diederichsen BGB 69. Aufl. § 1680 Rdn. 5; Orgis JAmt 2008, 243; vgl. auch BayObLG FamRZ 1985, 635, 636). Das muss jedenfalls für das hier in Rede stehende Aufenthaltsbestimmungsrecht gelten, weil es sich dabei um eine der wichtigsten Sorgerechtsbefugnisse handelt. Der gesetzliche Gedanke des § 1680 BGB, dass bei einem Ausfall des ursprünglich Sorgeberechtigten oder einem diesen betreffenden Sorgerechtsentzug die nicht mehr ausgeübte Rechtszuständigkeit dem anderen Elternteil zu übertragen ist, könnte anderenfalls unterlaufen werden, indem etwa restliche Befugnisse dem für die elterliche Sorge ungeeigneten Elternteil belassen werden und dem anderen Elternteil so der Zugang zum Sorgerecht versperrt bliebe. Das zeigt auch der vorliegende Fall. Denn die Mutter, die weiterhin Inhaberin der restlichen Sorgerechtsbefugnisse geblieben ist, hatte nicht nur das Kind zunächst zur Adoption freigegeben, sondern hat zu dem Kind auch keinen Kontakt und strebt ihn auch nicht an.
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