BGH: Käufer muss beim Rücktritt vom Autokaufvertrag Nutzungsersatz zahlen!

05Okt09

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.09.2009 (Az.: VIII ZR 243/08)

Wer von einem Vertrag über den Kauf eines Autos zurücktritt, muss Wertersatz für die Nutzung leisten. Dem Verkäufer steht auch bei einem sog. Verbrauchsgüterkauf im Falle der Rückabwicklung des Vertrages nach § 346 BGB ein Anspruch auf Ersatz der Gebrauchsvorteile des Fahrzeugs während der Besitzzeit des Käufers zu.

Die Klägerin erwarb vom Beklagten, einem Kraftfahrzeughändler, mit Vertrag vom 09.05.2005 einen gebrauchten BMW 316 i mit einer Laufleistung von 174.500 Kilometer zu einem Kaufpreis von 4.100 Euro. Die Klägerin hat wegen Mängeln des Fahrzeugs den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Die Parteien haben zuletzt nur noch darüber gestritten, ob sich die Klägerin, die mit dem Fahrzeug 36.000 Kilometer gefahren ist, bei der Rückabwicklung des Kaufvertrages den Wert der Nutzungen des Fahrzeugs anrechnen lassen muss.
Der BGH hat dies jetzt bejaht. Dem stehe auch Europarecht nicht entgegen. Dies könne zwar eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vermuten lassen. Allerdings beziehe diese sich auf das Recht des Verbrauchers auf Ersatzlieferung, an dessen Geltendmachung dieser nicht durch eine Verpflichtung zum Nutzungswertersatz gehindert werden solle. Es gehe aber nicht um eine Rückabwicklung des Vertrages, bei der der Käufer – anders als bei der Ersatzlieferung – seinerseits den Kaufpreis nebst Zinsen zurückerhalte. Dies stehe auch in Einklang mit dem Erwägungsgrund 15 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999, der eine Berücksichtigung der Benutzung der vertragswidrigen Ware bei einer Vertragsauflösung ausdrücklich gestatte.

Der Wert der Gebrauchsvorteile ist auf der Basis der vertraglich vereinbarten Gegenleistung zu bestimmen. Dabei sind von der Gesamtfahrleistung des Fahrzeugmodells ausgehend vom Richter im Einzelfall die konkreten Gebrauchsvorteile zu schätzen. Feste „Tarife“ gibt es hierfür in der Rechtsprechung noch nicht. Das LG Dortmund: hat mit Urteil vom 08.12.2000 (Az. 8 O 404/00) bei einer gezogenen nutzung von 31.000 gefahrenen Kilometern, ausgehend von einer heutzutage durchaus üblichen Gesamtfahrleistung von 250.000 km einen Nutzungsersatz von 11.313,67 DM zugesprochen. Nach einer Entscheidung des OLG München (Urteil vom 04.08.2006 – 17 U 2196/06) hat der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit (Klagezustellung) dem Eigentümer auch Nutzungen zu ersetzen, die nach den Regeln einer ordnungsgemässen Wirtschaft hätten gezogen werden können, aber schuldhaft nicht gezogen worden sind. Der zu ersetzende Gebrauchsvorteil besteht dabei in der durch den Besitz der Sache vermittelten objektiven Möglichkeit der Nutzung, wobei Bemessungsgrundlage für die Höhe des Nutzungsersatzes in der Regel der übliche Miet- oder Pachtzins ist. Im konkreten Fall waren dies bei einem Oldtimer Mercedes 190 SL, Baujahr 1960, monatlich 500,00 €.

FAZIT: Also hat der Verkäufer im Falle der Ersatzlieferung keinen Anspruch auf Ersatz der gezogenen Gebrauchsvorteile, im Falle der Rückabwicklung des ganzen Vertrages aber schon. Da die Rechtsprechung hinsichtlich deren Bemessung noch nicht einheitlich ist, empfiehlt sich durchaus, rechtlichen Rat einzuholen, ehe man (unwiderbringlich) vom Vetrag zurücktritt und es ansonsten „teuer“ wird!



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