Schneeballsystem und Marktsättigung?

06Jul09

Vergleichende Ausführungen

 
Immer wieder kommen Fragen auf, die darauf abzielen, dass es sich bei Network Marketing um ein illegales Schneeballsystem handeln könnte oder, der Markt doch alsbald gesättigt wäre. Deshalb ist es wichtig, hierüber fundiertes Wissen zu haben, um beurteilen zu können, wann Network-, bzw. Empfehlungsmarketing illegal oder gar strafbar ist. Im juristischen Sprachgebrauch wird, statt von einem Schneeballsystem, von „progressiver Kundenwerbung“ gesprochen. §16 II UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) lautet:

„Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

1. Um deutlich zu machen, was denn so ein System ausmacht, hier vorweg ein paar Beispiele:

 – In einem Fall wurde ein imaginäres Flugzeug bemannt. Der Pilot stand in der ersten Ebene, darunter waren 2 Copiloten und darunter 4 Stewards. Diese Stewards sollten 8 Passagiere zum „mitfliegen“ bewegen. Diese sollten einen bestimmten Betrag (500 €) einzahlen, die an den Piloten gingen. Danach stieg der Pilot aus dem Flugzeug aus. Daraufhin wurden die 2 Copiloten zu Piloten, die 4 Stewards zu Copiloten und die 8 Passagiere zu Stewards. Die Stewards mussten nun schon 16 Passagiere finden, die wieder ins Flugzeug einsteigen und je 500 € zahlen sollten, um damit die (neuen) Piloten zu bezahlen. In diesem System werden immer mehr Menschen gebraucht, um es aufrecht erhalten zu können; erst 16, dann 32, 64 usw. Dies mag die ersten paar Mal noch funktionieren, jedoch wird schon bald eine Grenze erreicht sein, die nicht mehr überschritten werden kann (Einwohnerzahl des Landes, des Kontinents, der Welt). Bei diesem System machen die ersten noch fette Gewinne, die letzten „beißen die Hunde“. *VORSICHT ILLEGAL* 
– In einem anderen Fall, der vielleicht dem einen oder anderen bekannt sein wird, dem „European Kings Club“, wurden die Menschen damit geködert, dass sie 1200 Fränkli einzahlen sollten, um im Laufe von 12 Monaten 2400 Fränkli wieder heraus zu bekommen, wenn sie weitere Mitglieder werben würden. Dieses System lief nach dem gleichen Schema. Die ersten fanden noch Menschen, die mitmachten. Aber schon schnell war die Masse der neu benötigten Einzahler nicht mehr realisierbar. Als das System 1995 zusammenbrach, hatten knapp 80.000 Menschen daran teilgenommen. * VORSICHT ILLEGAL *

 2. Nun soll der Versuch unternommen werden, deutlich heraus zu stellen, worin der Unterschied zwischen einem legalen Network-System und einem illegalen Schneeballsystem besteht: Um deutlich zu machen, was denn so ein System ausmacht, hier vorweg ein paar Beispiele:

Illegales Schneeballsystem

Marktsättigung
Bei Kettenaktionen wird von einer Person nur einmal etwas eingezahlt, in der Hoffnung auf daraus entstehende Gewinnchancen. Es werden immer mehr Menschen benötigt, was irgendwann zwingend zu einem Ende kommt (geometrische Reihe).

Glückspielcharakter
Man wird nicht aufgeklärt, an welcher Stelle im System man einsteigt. Man weiß also nicht, welche Chance man überhaupt noch hat, genügend weitere Mitspieler fürs System zu finden. Die Leichtgläubigkeit, Unerfahrenheit und Spiellust der Leute soll ausgenutzt werden. Hier kommt es nicht unbedingt auf die eigene Leistung, sondern auf den Zufall an.

Einsatz von Laienwerbern
Beim Anwerben durch Laien wird das Problem gesehen, dass Freunde oder Bekannte getäuscht werden könnten, um kurzfristig einen eigenen Gewinn zu erzielen.

   

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Legales Network System

Marktsättigung
Bei Produkten des täglichen Bedarfs oder sich schnell abnutzenden Haushaltswaren, ist ein einmal Geworbener anschließend nicht vom Markt. Er bezieht die Waren, ausschließlich zum Eigenverbrauch, jeden Monat neu.

Glückspielcharakter
Beim Network Marketing kommt es ausschließlich auf die eigene Leistung an. Gerade Menschen, die ein größeres System aufgebaut haben, investieren viel Zeit, um die von ihnen Geworbenen zu betreuen. Ein Glücksspielcharakter fehlt hier komplett.

Einsatz von Laienwerbern
Networker wollen in der Regel langfristig ihren Lebensunterhalt verdienen, bzw. ein Zusatzeinkommen aufbauen. Deshalb werden sie nicht ihr größtes Potential und erste Zielgruppe, Freunde, Verwandte und Bekannte, schlecht beraten oder gar irreführen. Denn, ein kurzfristiger Gewinn ist ausgeschlosssen.

 

 

 

 

 

 

 
Der wichtigste Unterschied also ist, dass bei einem illegalen Schneeballsystem keinerlei Ware bewegt wird, der Zahlende also für seine Leistung (Geldeinsatz) keine garantierte Gegenleistung (Ware) erhält; es wird nur Geld „von unten nach oben“ bewegt. Im legalen Network-Marketing besteht eine ordentliche Geschäftsbeziehung, in der Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis stehen.
 
 Quellen: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Auflage 2007, §16 II UWG
Joerg Brammsen/ Stefan Leible, Multi-Level-Marketing im System des deutschen Lauterbarkeitsrechts, Betriebsberater 1997, S. 1 – 20.
Bernd Hartlage, Progressive Kundenwerbung – immer wettbewerbswidrig?, Wettbewerb in Recht und Praxis 1/1997, S.1-5.
Stefan Leible, Multi-Level-Marketing ist nicht wettbewerbswidrig! Mit Anmerkungen zum Gerichtsentscheid des LG Offenburg, WRP 1998, 85., Wettbewerb in Recht und Praxis 1/1998, S. 18 – 21.

© Clemens Sandmeier u. Sascha Mayer 2008


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